„Das Fach wird nicht eingeführt, weil es keine Lehrkräfte dafür gibt. Es gibt keine Lehrkräfte für das Fach, da es das Fach nicht gibt. Irgendwann müsste jemand mal den Anfang machen.“ Kopfschüttelnd spitzt André Wrede die kreisrunde Argumentation der Landesregierung zu. Der Lehrer und seine Kollegen am Mariengymnasium Arnsberg in NRW wollten nicht warten, bis sich politisch etwas tut. Fünf Jahre mögen auf ministerialer Ebene wenig sein. Für einen Schüler ist danach die Zeit seiner Grundbildung vorüber – und die Chance vielleicht vertan. Daher hat das Mariengymnasium gehandelt und das Fach „Informatische Bildung“ eingeführt. Eigeninitiative scheint teilweise eine zwingende Notwendigkeit für Schulen zu sein, doch schöner wäre es gewesen, „wenn die Einführung eines solchen Faches nichts Besonderes, sondern Standard in ganz NRW wäre“, ergänzt er.
Das Mariengymnasium entwarf in den vergangenen Jahren einen schulinternen Lehrplan, der sich an den 2008 von der Gesellschaft für Informatik entwickelten Bildungsstandards anlehnt. Die Gesellschaft hat einen fertig ausgearbeiteten Fahrplan für die Sekundarstufe I erarbeitet. Darin sind alle notwendigen curricularen Voraussetzungen für die Einführung eines Pflichtfaches Informatik in der Sekundarstufe I gegeben, so dass damit alle Kinder und Jugendlichen fit im Umgang und der Erschließung von Informatiksystemen werden könnten. Die Informatische Bildung (IB) unterscheidet sich von der Informationstechnischen Grundbildung (ITG), die an vielen Schulen angeboten wird. Im Fach Informatische Bildung lernen die Schüler Basiskompetenzen im Umgang mit Informatiksystemen. Der Schwerpunkt liegt darauf, ein strukturelles Verständnis der Systeme erlangen. Auf Klickanleitungen wird deshalb verzichtet - denn schon mit dem nächsten Update auf eine neue Programmversion können sie veraltet sein. „Der kostenpflichtige „Internetführerschein“ ist keine Alternative, da hier für konkrete Programmversionen Klickanleitungen unterrichtet werden“, erklärt der Lehrer. Durch den strukturellen Zugang unterscheidet sich die Informatische Bildung auch von einer Medienbildung, der es lediglich darum geht, die jeweils aktuellen Medien verwenden zu können: „Neuerdings wird von Landesseite her versucht, einen „Medienpass“ einzuführen. Dieser greift von seiner Konzeption her (Medienbildung) deutlich zu kurz und verhindert somit eine echte Chance, die Jugend von heute informatisch zu bilden.“ Die Fähigkeit, sich Informatiksysteme selbstständig zu erschließen, wird dort in der Regel nicht vermittelt. Wrede erläutert den Unterschied dieser Ansätze zur Informatischen Bildung: „So wird beim Dateisystem nicht lediglich behandelt, wo und wie man welche Dateien speichern kann, sondern es wird der prinzipielle hierarchische Aufbau besprochen. Diese hierarchischen Strukturen findet man in vielen Bereichen wieder, sowohl in der realen Lebenswelt, als auch im Bereich von Informatiksystemen. Die Schülerinnen und Schüler erwerben durch die Anlehnung an informatische Inhalte einen fundierten Background, um Informatiksysteme sicher verwenden zu können.“ Das Fach Informatische Bildung wird in den Jahrgangsstufen fünf und sieben jeweils in einem Halbjahr unterrichtet. Den Schülern gefällt das Fach: "Ich erwarte im Fach IB, dass wir viele neue Funktionen am PC kennenlernen, die ich noch nicht kenne. Ich schreibe nämlich jeden Tag meiner Tante in Brasilien und würde ihr gerne auch Bilder schicken." Ein Schüler aus der siebten Klasse ergänzt: "Der Informatikunterricht ist sehr toll. Nur doof ist, dass wir nächstes Schuljahr nicht weiter IB haben. Es ist ein toller und interessanter Unterricht." Ab der Klasse acht könnte es aber für ihn im Differenzierungsbereich mit vertiefenden Inhalten aus dem Informatikunterricht weitergehen.